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Der Virdunger Bürger

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Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Der Virdunger Bürger
Untertitel:
aus: Deutsche Sagen, Band 2, S. 275-277
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1818
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Commons,Google
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
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[275]
530.
Der Virdunger Bürger.
Ottocar von Hornek cap. 335. - 338. bei Pez p. 298 - 301.


Zu Rudolfs von Habsburg Zeiten saß in der Stadt Virdung (Verdun) ein Bürger, der verfiel in Armuth; und um aufs Neue zu Schätzen zu gelangen, versprach er sich mit Hülfe eines alten Weibes dem Teufel. Und als er sich Gott und allen himmlischen Gnaden abgesagt hatte, füllte ihm der Höllenrabe den Beutel mit Pfennigen, die nimmer all’ wurden; denn so oft sie der Bürger ausgegeben hatte, lagen sie immer wieder unten. Da wurde seines Reichthums unmaßen viel; er erwarb Wiesen und Felder und lebte nach allen Gelüsten. Eines Tages, da er fröhlich bei seinen Freunden saß, kamen zwei Männer auf schwarzen [276] Pferden angeritten; der eine zog bei der Hand ein gesatteltes und gezäumtes, brandschwarzes Roß, das führte er zu dem Bürger und mahnte, daß er ihnen folgen sollte, wohin er gelobt hätte. Traurig nahm der Bürger Abschied, bestieg das Roß und schied mit den Boten von dannen, im Angesicht von mehr als funfzig Menschen und zweier seiner Kinder, die jämmerlich klagten und nicht wußten, was aus ihrem Vater geworden sey. Da gingen sie beide zu einem alten Weib, die viele Künste wußte; und verhießen ihr viel Geld, wenn sie ihnen die rechte Wahrheit von ihrem Vater zeigen würde. Darauf nahm das Weib die Jünglinge mit sich in einen Wald, und beschwor den Erdboden, bis er sich aufthat und die zwei heraus kamen, mit welchen ihr Vater fortgeritten war. Das Weib fragte: ob sie ihren Vater sehen wollten? Da fürchtete sich der Aelteste; der Jüngere aber, welcher ein männlicher Herz hatte, bestand bei seinem Vorsatz. Da gebot die Meisterin den Höllenboten, daß sie das Kind unverletzt hin zu seinem Vater und wieder zurück führeten. Die zwei führten ihn nun in ein schönes Haus, da saß sein Vater ganz allein, in demselben Kleid und Gewand, in welchem er abgeschieden war, und man sah kein Feuer, das ihn quälte. Der Jüngling redete ihn an und fragte: Vater, wie steht es um dich, ist dir sanft oder weh? Der Vater antwortete: weil ich die Armuth nicht ertragen konnte, gab ich um irdisches Gut dem Teufel Leib und Seele dahin, und alles Recht, was Gott an mir hatte; [277] darum mein Sohn, behalte nichts von dem Gut, das du von mir geerbt hast, sonst wirst du verloren gleich mir. Der Sohn sprach: wie kommts, daß man kein Feuer an dir brennen siehet? Rühre mich mit der Spitze deines Fingers an – versetzte der Vater – zuck aber schnell wieder weg! In dem Augenblick, wo es der Sohn that, brannte er sich Hand und Arm bis an den Ellenbogen; da ließ erst das Feuer nach. Gerührt von seines Vaters Qualen, sprach er: sag an, mein Vater, gibt es nichts auf der Welt, das dir helfen möge, oder irgend fromme? So wenig des Teufels selber Rath werden mag – sagte der Vater – so wenig kann meiner Rath werden; du aber, mein Sohn, thue so mit deinem Gut, daß deine Seele erhalten bleibe. Damit schieden sie sich. Die zwei Führer brachten den Jüngling wieder heraus zu dem Weib, der er den verbrannten Arm zeigte. Darauf erzählte er Armen und Reichen, was ihm widerfahren war, und wie es um seinen Vater stand; begab sich alles seines Gutes, und lebte freiwillig arm in einem Kloster bis an sein Lebensende.