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Seite:Wilhelm ChinVolksm 133.jpg

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es ihm in den Bauch stoßen; aber es glitt knirschend ab wie an hartem Stein. Da wurde der Geist böse, riß ihm das Schwert aus der Hand und zerbrach es wie ein dürres Zweiglein. Der Mann hüllte sich in seine Decken ein, und der Geist packte ihn mit seiner ungeheuren Faust, gerade als griffe man nach einer Mücke oder einem Floh. Weil aber seine Finger allzu ungefüg waren, entwischte ihm der Mann und verbarg sich unter dem Bett. So hatte der Geist nur die Decke in der Hand, als er wegging.

Wie der Morgen angebrochen war, da kehrte der Gelehrte schleunigst nach Hause zurück und wagte nie wieder in den Bergtempel zu kommen.


47. Der Geist vom Wuliän-Berg

Im Westen der Kiautschou-Bucht ist der Wuliän-Berg, wo es viele Geister gibt. Dort lebte einmal ein Scholar, der spät in der Nacht noch auf war und las. Als er vors Haus trat, erhob sich plötzlich ein Sturm, und ein Ungetüm streckte die Klauen nach ihm aus und packte ihn beim Haar. So hob es ihn in die Luft und trug ihn weg. Es fuhr mit ihm am Meerblickturm vorbei. Das ist ein buddhistischer Tempel im Gebirge. Da sah er aus der Ferne in den Wolken eine Göttergestalt in goldner Rüstung stehen. Die Gestalt glich ganz dem Weto-Bilde, das im Turme war. In der rechten Hand hatte sie die eiserne Keule, mit der linken deutete sie auf das Ungetüm und sah es zornig an. Da ließ das Ungetüm den Schüler fallen, gerade auf die Spitze des Turmes und verschwand. Der Heilige im Turm war ihm wohl zu Hilfe gekommen, weil seine ganze Familie den Buddha fromm verehrte.

Als die Sonne aufging, da kam der Priester und erblickte ihn auf seinem Turm. Er häufte auf dem Boden Heu und Stroh auf; so konnte der Schüler herunterspringen, ohne

Empfohlene Zitierweise:
Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_133.jpg&oldid=- (Version vom 29.5.2018)