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Seite:Lucians Werke 0866.jpg

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Crato. Hilf Himmel! Wie weit ist es mit dir gekommen, Lycinus, daß du mit einer Sache noch groß thust, deren du dich billig schämen solltest. Wenn du so schmählige und verabscheuenswürdige Dinge sogar zu loben im Stande bist, so lässest du uns wahrlich keine Hoffnung übrig, dich noch retten zu können.

5. Lycinus. So sage mir doch, mein Crato, sprichst du, indem du dem Tanze und ähnlichen scenischen Spielen so harte Vorwürfe machst, wirklich als mehrmaliger Augenzeuge derselben, oder hältst du sie für schandbar und verabscheuenswerth, ohne sie je aus eigener Ansicht kennen gelernt zu haben? Im erstern Falle wärest du mit mir in gleicher Schuld: ist aber das Letztere, so bist du in Gefahr, für einen eben so unbesonnenen als anmaßenden Tadler angesehen zu werden, da du über Dinge absprechen willst, die du nicht einmal kennst.

Crato. Nun wahrlich, das fehlte mir noch, daß ich grauer Alter mit diesem meinem ehrwürdigen Philosophenbarte mich unter einen Haufen Weiber und närrisch gewordener Männer setzen, und unter Händeklatschen und unanständigem Beifalljauchzen einem lüderlichen Burschen zusehen sollte, wie er auf’s üppigste und unschicklichste seine Glieder verdreht!

Lycinus. Man muß dir das zu Gute halten, Freund Crato. Wolltest du dich von mir bewegen lassen, und nur einmal zur Probe deine Augen diesem Schauspiele leihen, ich weiß gewiß, du würdest ein andermal nicht ruhen, bis du einen recht vortheilhaften Sitz aufgefunden hättest, um Alles so genau als möglich zu sehen und zu hören.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 866. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0866.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)