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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)


viel trägt die vortreffliche Erfindung des Gemaches, die ernste Traulichkeit seiner Stimmung zur Wirkung des Ganzen bei, welches uns den reinsten, wohlthuendsten Eindruck tiefer Rührung hinterläßt, den Munkacsy bis jetzt erreicht hat.

War er früher ein großer Colorist, der aber bereits einer einförmigen Manier zu verfallen drohte, so ist er hier als solcher unendlich reicher und reizender zugleich. Jedes kleinste Stück ist vollendet classisch, behielte seinen eigenthümlichen Zauber, auch wenn man es aus dem Bilde herausschnitte. Und dabei ist er hier durchaus original; selbst die Anlehnung an die Spanier und ihr schwärzliches Colorit ist, wenn auch vorhanden, doch sehr wohlthuend gemildert. Sein Farbenbouquet gleicht jetzt am meisten dem jener herrlichen orientalischen Teppiche, deren Grundfarbe ein tiefes Blauschwarz ist, um das ein gedämpftes gelbliches Weiß nur in geringen Quantitäten eingesprengt und durch leuchtende Punkte und Linien von allen möglichen Tinten mit dem Grundton verbunden ist. So sind denn auch sowohl der Tisch- wie der Bodenteppich, endlich die Fensterwand mit ihren durch die kleinen Scheiben spärlich hereinfallenden Sonnenstrahlen Meisterstücke, die einem Peter de Hooghe alle Ehre machen würden. Angesichts seines „Milton“ muß man Munkacsy nicht nur als Virtuosen der Farbe, die hier in ihrer ruhig gedämpften Pracht doch nur die Fülle seines Gemüths wiederspiegelt, sondern auch als hervorragenden Seelenmaler anerkennen, der nunmehr mit der angebornen Kraft eine seltene Zartheit zu verbinden gelernt hat.

Nicht zu dem geringsten Theil darf man diese so glückliche Umwandlung des Künstlers Munkacsy wohl dem Einflusse seiner Gattin zuschreiben, die uns auch hier wieder dargethan, wie recht der Dichter hat, wenn er sagt, daß es das Ewig-Weibliche sei, das uns hinanziehe, weil es eben die reichen Schätze des Herzens in uns erst zu erschließen vermag.




Erinnerungen an Java.

Von Dr. Fr. Traumüller.

2. Die Bewohner der Insel.

Alle einheimischen Bewohner des malayischen Archipels lassen, mit Ausnahme der Papuas auf Neu-Guinea und einigen benachbarten Inseln, in Körpermerkmalen, Sprachen und Sitten einen gemeinsamen Ursprung erkennen und werden daher als der malayische Stamm der mongolischen Völker zusammengefaßt. Manche Verschiedenheiten in ihren Sprachen und Sitten sind nur eine Folge der Isolirung und der mehr oder minder langen Berührung mit anderen Völkern. Ganz besonders ist der fremde Einfluß bei den Bewohnern Javas erkennbar.

Schon im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung besuchten die Bewohner des nördlichen Hindostan auf ihren Seefahrten auch Java, und seit dem achten Jahrhundert haben sich dieselben dauernd auf der Insel niedergelassen. Die Herrschaft der Hindu wurde jedoch gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts durch arabische Horden fast gänzlich vernichtet, die über die östliche Hälfte der Insel zerstreut liegenden Brahmanen- und Buddhatempel und die zahlreiche Götzenbilder zerstört und die Javaner zur Annahme des Islam gezwungen. Doch auch die von dieser Zeit an entstandenen Sultanate zerfielen nach und nach, seitdem die Holländer vom Jahre 1619 an ihre Herrschaft allmählich über die ganze Insel ausbreiteten. Die kurze englische Zwischenherrschaft (1811 bis 1817) abgerechnet, ist Java nahezu 260 Jahre im Besitze der Holländer.

Obgleich Java kleiner ist als die anderen großen Sundainseln, so ernährt es doch eine zahlreichere Bevölkerung als alle Inseln des Archipels zusammen. Zu Java gehören im administrativen Sinne noch mehrere kleine Küsteninseln und die Insel Madura; das ergiebt einen Flächeninhalt von 2440 Quadratmeilen; die Bevölkerungszahl beträgt nach der letzten Zählung vom December 1876 etwa 18,520,000 Seelen. Wenn wir hiervon die Europäer, Chinesen und Araber abrechnen, so bleiben immer ungefähr noch 18 Millionen einheimische Bewohner. Java hat also eine Bevölkerungsdichtigkeit wie nur wenige europäische Länder, denn im Mittel kommen 7050 Einwohner auf die Quadratmeile. Seit der ersten Volkszählung im Jahre 1849, die freilich ohne genaue statistische Erhebungen vorgenommen wurde, hat sich die Bevölkerung Javas nahezu verdoppelt.

Vor der Ankunft der Hindu standen die Javaner noch auf derselben niederen Culturstufe, wie gegenwärtig die Dajaken von Borneo, die Batta von Sumatra und die Alfuren von Celebes. Sie verfertigten ihre Kleider aus Baumrinde und aus Blättern, oder aus einem groben Gewebe von Bastfasern, schmückten sich mit Federn oder Zähnen und tätowirten ihre Haut. Außer der Nahrung, die sie sich durch Jagd und Fischfang verschafften, verzehrten sie das Fleisch der Schlangen; auch viele niedere Thiere galten, wie noch jetzt, als Leckerbissen. Einen Hauptbestandtheil der Nahrung lieferten die Wurzeln, Blätter und Früchte vieler Pflanzen. Der Reis, der jetzt das unentbehrlichste Nahrungsmittel ist, wurde erst durch die Hindu eingeführt, wie vielleicht der ganze Ackerbau; denn vorher war den Javanern die Bearbeitung der Metalle unbekannt, ihre Werkzeuge und Waffen verfertigten sie aus Stein, Holz und Knochen oder Fischgräten. Daß auch Java seine Steinperiode gehabt hat, beweisen die an verschiedenen Punkten der Insel gefundenen Steinwerkzeuge. Die gebräuchlichste Waffe scheint das Blasrohr gewesen zu sein, aus dem man mit dem Safte des Upasbaumes (Antiaris toxicaria) vergiftete Pfeile abschoß. Auch der Kris, ein Dolch mit wellenförmig gebogener Klinge, der stete Begleiter der jetzigen Javaner, ist ein Geschenk der Hindu.

Ihre Religion muß, ihrem damaligen Zustande entsprechend, sich in der Verehrung von Naturkräften geäußert haben; denn trotz des fast dreizehn Jahrhunderte hindurch währenden Einflusses der Hindu und trotz der Bekehrung fast sämmtlicher Javaner zum Islam lebt die alte Naturreligion in zahlreichen religiösen Gebräuchen unter denselben fort. Noch heute besteht bei ihnen der Ahnencultus, noch heute denken sie sich Himmel und Erde mit zahlreichen guten und bösen Geistern bevölkert, werden diese Geister mit Gebeten und Speiseopfern verehrt und glückliche Ereignisse deren Gunst, Unglücksfälle ihrem Zorn zugeschrieben. Zu ihren eigenen Naturgöttern nahmen die Javaner noch die der Hindu hinzu, sowie die Vorstellungen des Islam.

Die malayischen Bewohner Javas haben eine gelbbraune Hautfarbe, schwarze oder braune Augen und straffes schwarzes Haar. Sie sind klein und von schmächtigen Gliedmaßen. Nach ihren körperlichen Merkmalen und manchen Verschiedenheiten in Sprache und Sitten werden sie in drei Gruppen unterschieden: in die eigentlichen Javaner, die Sundanesen und Maduresen. Die ersteren bewohnen ausschließlich die östliche und die Sundanesen die westliche Hälfte Javas. Die Maduresen, die aus ihrer eigentlichen Heimath Madura nach Java auswanderten, haben sich vorzugsweise in den östlichen Residenzschaften niedergelassen. Im Folgenden sollen die Bewohner allgemein als Javaner bezeichnet werden.

Da die eigentlichen Javaner schon im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung mit den Hindu in Handelsverbindung traten, so mußte ihre Sprache allmählich manche Veränderungen erfahren. Wenn auch die Hindu auf Java die indische Kasteneintheilung beibehielten und die Javaner zur vierten Classe der Sudras erniedrigten, so waren sie doch genöthigt, zu ihrem Sanskrit, das sie sichern Ermittelungen zufolge gebrauchten, die Sprache der Javaner zu erlernen, um sich denselben verständlich zu machen; ebenso werden die Javaner sich bestrebt haben, sich die Sprache ihrer Herren anzueignen, um deren Gunst zu erlangen. Aus diesen Bestrebungen sind allmählich zwei Sprachen oder besser Sprachweisen entstanden, die auch heute noch gesprochen und als Hochjavanisch oder Krama und als Niederjavanisch oder Ngoko bezeichnet werden. Das Sundanesische, das nur ein Plattjavanisch ist, kennt diesen Unterschied nicht.

Das Hochjavanische wird vom Adel, von den vornehmen Javanern unter sich und von dem gemeinen Mann in der Unterhaltung mit Höhergestellten gesprochen; dagegen dürfen Personen niederen Standes nur Niederjavanisch mit einander reden, und auch

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 842. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_842.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)