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Seite:Die Gartenlaube (1869) 559.jpg

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

Das Parlamentsglied Mr. Rolle fragte noch, ob Fox ermächtigt sei, diese Erklärung abzugeben, was dieser ebenso bestimmt bejahte. Mrs. Fitzherbert, empört über diese ihr angethane Schmach, wollte den Prinzen augenblicklich verlassen, und nur das eifrigste Zureden und die wiederholten Versicherungen desselben, Fox habe ohne seinen Auftrag gehandelt, vermochten sie davon abzuhalten. In ihrer Gegenwart forderte der Prinz Mr. Gray zu einer Berichtigung von Fox’s Worten im Parlament auf; dieser lehnte ab, weil er nicht geneigt war, Fox zu widersprechen und so übernahm es Sheridan, doch leistete er keine Ehrenerklärung, sondern forderte seine Collegen nur auf, aus Rücksicht für die dabei betheiligte liebenswürdige und ehrenwerthe Dame die Sache nicht weiter zu verfolgen. Eine Entschädigung und Genugthuung wurde jedoch der Dame von Seiten der Londoner Gesellschaft zu Theil, indem den Tag, nachdem Fox seine anzügliche Rede gehalten, Mrs. Fitzherbert so viele Besuche der angesehensten und vornehmsten Personen erhielt, daß, wie sie sich selbst ausdrückte, der Thürklopfer ihres Hauses nicht eine Minute ruhig blieb und sie ihr Empfangzimmer keinen Augenblick verlassen konnte.

Die erste Trennung Mrs. Fitzherbert’s von dem Prinzen erfolgte plötzlich und unerwartet; sie erhielt die erste Anzeige hiervon durch ein Billet, welches ihr übergeben wurde, als sie eben mit dem Bruder des Prinzen von Wales, dem Herzog von Clarence, sich zu Tische setzen wollte. Von dieser Zeit an sah sie den Prinzen nicht mehr, welcher bald darauf sich mit der Prinzessin von Braunschweig vermählte. Nach der Meinung Mrs. Fitzherbert’s waren die Schulden des Prinzen, welche das Parlament im Falle seiner standesgemäßen Vermählung zu tilgen versprochen hatte, sowie der Einfluß einer Geliebten, Lady Jersey, welche einen hohen Posten im Hofstaat einzunehmen wünschte, seine Hauptbeweggründe zu diesem Schritte.

Wie unglücklich diese Ehe ausfiel, ist bekannt. Der Prinz entfernte sich schon nach Jahresfrist von seiner Gemahlin, gegen die er eine außerordentliche Abneigung hegte, und suchte erst vorsichtig und dann mit der früheren Leidenschaft und Heftigkeit sich Mrs. Fitzherbert zu nähern und wieder mit ihr in Verbindung zu treten. Ihre Freunde, unter welche sie alle königlichen Prinzen zählen konnte, waren ihr treu geblieben, und auch von König und Königin hatte sie fortwährend Gunstbezeigungen erhalten, jetzt bemühten sich sogar Mitglieder der königlichen Familie, ihre Versöhnung mit dem Prinzen herbeizuführen. Möglich, daß man hierdurch hohen Ortes einer schlimmeren Alternative vorzubeugen wünschte. Mrs. Fitzherbert, von allen Seiten gedrängt und in Zweifel, was eigentlich ihre Pflicht sei, unterbreitete diesen Gewissensfall dem Papste. Die Antwort war ein Breve aus Rom, worin sie angewiesen wurde, sich wieder mit dem Prinzen zu vereinigen. Sie gehorchte; doch verlangte sie, daß diese Vereinigung öffentlich geschehe und nicht in der Stille, wie der Prinz wünschte, und an dem Tage, wo er wieder zum ersten Male ihr Haus betrat, lud sie eine große Gesellschaft zu einem feierlichen Frühstück, obgleich, wie sie Mr. Longdale sagte, sie kaum wußte, wie diese Prüfung zu überstehen.

Die folgenden acht Jahre waren, wie Mrs. Fitzherbert sagte, die glücklichsten ihrer Verbindung, obgleich das Paar sich oft in solcher Geldverlegenheit befand, daß, als einst eine Uebersiedlung von Brighton nach London beschlossen wurde, der Prinz und Mrs. Fitzherbert gemeinschaftlich nicht mehr fünf Pfund Sterling aufbrachten. Bei dieser Gelegenheit wollte ein alter Hausdiener ihnen mit Gewalt sechszig Pfund Sterling, welche er sich in ihren Diensten erspart hatte, aufdringen und ließ sich mit seinem Anerbieten kaum abweisen Die zweite und dauernde Trennung Mrs. Fitzherbert’s von dem Prinzen erwuchs aus der Liebschaft desselben mit Lady Hertford. Mrs. Fitzherbert war mit der Lady befreundet gewesen und sah sich genöthigt, ihre Verwendung in Anspruch zu nehmen, damit ihr nicht die Vormundschaft über ihre Adoptivtochter Mrs. Seymour entzogen werde. Die vielen Kränkungen und Demüthigungen, welchen sie sich damals ausgesetzt sah und die sie sich gefallen lassen mußte, aus Furcht, das Kind könne ihr sonst genommen werden, zerstörten fast ihre Gesundheit. Es kam vor, daß der Prinz, der die Vormittage fast immer in Mrs. Fitzherbert’s Hause in Brighton zubrachte, nachdem er auf das Freundlichste von ihr geschieden, sie, wenn er ihrer Nachmittags im Pavillon ansichtig wurde, nicht zu kennen schien – nur um Lady Hertford keinen Anlaß zur Unzufriedenheit zu geben.

Ein Diner zu Ehren Ludwig's des Achtzehnten, von dem Prinzen veranstaltet, gab schließlich Veranlassung zu vollständiger Lösung der Verbindung. Bis dahin war, aus Rücksicht für Mrs. Fitzherbert, bei solchen Gelegenheiten keinerlei Etiquette in Bezug auf die Reihenfolge der Plätze bei Tische beobachtet worden; diesmal meldete man ihr, daß die Gäste nach ihrem Range sitzen sollten. „Wo wird denn mein Platz sein?“ fragte sie den Prinzen, und er antwortete. „Sie wissen, Madame, daß Sie keinen Platz haben.“ „Ganz richtig,“ erwiderte Mrs. Fitzherbert, „keinen, als welchen Sie, Sir, für gut befunden, mir anzuweisen.“ Sie entfernte sich und ließ der königlichen Familie kund thun, daß von nun an ihre Verbindung mit dem Prinzen von Wales unwiderruflich ein Ende haben müste. Da jede Vermittlung, welche der Herzog von York versuchte, ohne Erfolg blieb, gab die Königin Charlotte und die Prinzen endlich widerstrebend ihre Einwilligung, und von diesem Tage an öffnete Mrs. Fitzherbert nie mehr ihr Haus dem Prinzregenten

Am Abend des Tages ihrer Trennung war Mrs. Fitzherbert gezwungen, einer Gesellschaft in Devonshire-House beizuwohnen, und die Herzogin forderte sie auf, den Herzog, welcher an der Gicht krank, auf seinem Zimmer zu besuchen. Als sie am Arme der Herzogin die Zimmer durchschritt, erblickte sie in einem den Prinzregenten tête-â-tête in eifrigem Gespräch mit Lady Hertford. Die Erinnerungen, welche bei diesem Anblick auf die arme Frau einstürmten (die Herzogin von Devonshire-House war Zeugin ihrer Verlobung mit dem Prinzen gewesen), brachten sie einer Ohnmacht nahe, sie überwand jedoch diese Anwandlung von Schwäche, trank ein Glas Wasser und schritt ruhig weiter.

Während der letztem Krankheit Georg’s des Vierten schrieb Mrs. Fitzherbert an ihn und bot ihm ihre Dienste und ihre Pflege an, er soll sehr gerührt gewesen sein bei Empfang des Schreibens, aber er war nicht mehr an Stande es zu beantworten. Nach seinem Tode zeigte der Herzog von Wellington der Dame an, daß der König wiederholt befohlen hatte, ein gewisses Bild an einem Bande seiner Leiche um den Hals zu hängen und in die Gruft mitzugeben – und aus dem Umstand, daß Mrs. Fitzherbert’s Bild nicht unter der Verlassenschaft zu finden, schließe er, daß es dieses gewesen. Der Bischof von Chichester bestätigte diese Erzählung, da er das Portrait auf der Brust des Königs im Sarge gesehen hatte. Es scheint also, als habe einige Zuneigung für Mrs. Fitzherbert bis zuletzt bei ihrem Gemahl bestanden; vielleicht hatte er auch Reue über sein gewissenloses Verfahren gegen sie gefühlt.

Nach Georg’s des Vierten Tode begab sich Mrs. Fitzherbert in ihr Haus nach Brighton. König Wilhelm der Vierte, sein Nachfolger, als Herzog von Clarence ihr befreundet, ließ sie wiederholt auffordern, ihn zu besuchen, und sandte endlich die Anfrage, warum sie seiner Aufforderung nicht nachkomme. Sie erwiderte, die schwierige Stellung, in der sie sich befinde, ließe sie wünschen, Seine Majestät möchte ihr früher die Ehre erweisen, sie in ihrem Hause aufzusuchen, damit sie die Befehle und den Rath des Königs einholen könne. Wilhelm der Vierte kam auch bald, und Mrs. Fitzherbert legte ihm ihre Documente vor: den Trauschein, einen Brief des Prinzen von Wales an sie, in den zärtlichsten Ausdrücken abgefaßt, und worin er sie wiederholt seine rechtmäßige Gattin nennt, und mehrere andere wichtige Papiere. Bei der Durchsicht derselben traten dem König die Thränen in die Augen und er fragte Mrs. Fitzherbert, was er thun könne, um sie für das erlittene Unrecht zu entschädigen und ihr seine Bewunderung und Anerkennung der Geduld und Langmuth, die sie zeither bewiesen, kund zu thun. Er war bereit sie zur Herzogin zu ernennen. Dankend weigerte sie sich dessen. „Ich habe bis nun immer den Namen Fitzherbert geführt und ich glaube in Ehren, ich will ihn auch jetzt nicht gegen einen anderen vertauschen“ –

Lange vorher schon hätte sie das Herzogskrönlein erhalten können. Fox hatte es ihr angetragen, um sie, die seit dem Vorfall im Parlament nie mehr ein Wort mit ihm sprach, zu versöhnen war aber damit abgewiesen worden. –

Wilhelm der Vierte forderte nun Mrs. Fitzherbert auf, Trauer für seinen Bruder anzulegen, und bestand darauf, daß sie ihre Dienerschaft in die königliche Livree kleide. Auch bat er, sie möge den nächsten Sonntag mit ihm und seiner Familie speisen;

als sie angefahren kam, eilte er die Treppen hinunter, sie zu

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