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Seite:Die Gartenlaube (1856) 269.jpg

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

angewiesen sind, sich von selbst auf irgend eine Weise an andere Gegenstände zu befestigen.

Außer den eigentlichen Schlingpflanzen eignen sich aber noch viele Pflanzen mit langen, dünnen Zweigen zu solchen Lauben.

Sehr schön sind hochwachsende Rosen, deren es eine Menge schöner Arten und Sorten zu diesem Zwecke giebt.

Die Anwendung der Sträucher schließt jedoch die eigentlichen Schlingpflanzen nicht aus, und man kann immer hie und da eine Schlingpflanze mit an der Laube ziehen, besonders schönblühende und langwachsende zur Bedachung. In einem folgenden Artikel sollen die zu Lauben geeigneten Pflanzen namentlich aufgeführt und ihre Verwendung besprochen werden.

In der Form lassen diese Lauben die größte Mannigfaltigkeit zu. Einen charakteristischen Unterschied macht die Art des Gerippes (Geländers), nämlich ob dieses einfach, von rohem Holz, an dem noch die Rinde ist, oder ob es elegant von bearbeitetem, angestrichenem oder gar vergoldetem Holze (wie im Orient), oder von Eisen und Draht ist. Beide Arten von Lauben, die künstlichen wie die einfachen, sind schön, jede an ihrem Platze. Luxus ist durchaus keine nothwendige Eigenschaft an Lauben, obschon ich ihn nicht ganz ausschließen möchte, wie es einige ältere Aesthetiker wollen. Ich kenne Lauben von rohen Aesten, die dem prächtigsten Blumengarten zur Zierde gereichen, allerdings aber in einer weniger geschmückten und gekünstelten Natur noch mehr am Platze sein würden. Dagegen dürfen Lauben mit gekünstelten Gerippen, die auch nackt und noch nicht mit Pflanzen bekleidet, auf Schönheit Anspruch machen, nur in eigentlichen Gärten und in der Nähe von Gebäuden vorkommen, denn sie würden in einem ungeschmückten Landschaftsgarten nur stören. – Lauben von rohem Holze sollten so ungekünstelt in der Form sein, daß sie nur als Träger der Schlingpflanzen erscheinen, und man darf nicht etwa von Bohnenstangen Sterne, künstliche Rosetten und andere Zimmermannskunststücke ausführen wollen, wie es so häufig geschieht. Solche Lauben sehen häßlich aus, bis sie grün sind, und dann sieht man nichts mehr vom Holzwerk, also war die Zierrath mindestens überflüssig. Das Holzgestell darf für sich gar nicht gesehen sein wollen, sondern nur als Träger der Zweige erscheinen. Auch hier sind die an den Seiten offenen Lauben am schönsten und die Säulen können, wie oben bei den Blumenlauben erwähnt wurde, mit knorrigen Aesten besetzt sein. Ich habe einmal eine Nachahmung einer solchen Naturlaube aus dunkel bronzirtem Gußeisen gesehen, die von außerordentlicher Schönheit war. Wo ein Ast unnatürlich schien, war zur Ausfüllung ein Hirsch- oder Rehgeweih angebracht. – Will man einmal elegante Lauben, so mache man sie von Eisen oder Draht, oder wenigstens nur die Säulen und Rahmenstücke von Holz, das kunstlose Geflecht aber von Draht; denn die geschnörkelte Künstelei des Tischlers gefällt hier nicht mehr, als das oben erwähnte Kunststück des Zimmermanns, und hält nicht lange. Hier genügt meistens ein einfacher Bogen oder ein gerades Dach. Will man die Seiten etwas verzieren, so forme man einige Bogen, die das Ansehen von nur durch eine mit Grün bezogene Säule getrennten Fenster- und Thürbogen haben. Sehr gekünstelte Lauben von Metall, z. B. solche, die einen Kiosk, orientalische und chinesische Gebäude, Tempel u. s. w. vorstellen, gehören mir in einen Prachtgarten, und es ist hier das Gerippe die Hauptsache, weshalb es auch nur dünn mit Pflanzen bezogen werden darf, um die schönen Formen nicht zu verdecken. Aus dieser Ursache sind sie nicht einmal zweckmäßig und durchaus nicht behaglich. Eine der schönsten und zierlichsten Lauben von Gußeisen, die ich kenne, habe ich in meinem „Katechismus der Ziergärtnerei“ abbilden lassen.

Sie stellt einen von hinten auf wenig sichtbaren Säulen ruhenden Thronhimmel mit gothischen Verzierungen dar. Die Schlingpflanzen sind aus der Spitze durch eine hohle Base gezogen, und bilden darin ein Bouquet. Die häßlichsten Drahtlauben sind die, welche das Ansehen eines großen Vogelkäfigs haben und nach allen Seiten zu sind. Kleine Drahtlauben kann man auf einen Bretterboden befestigen und mit kleinen eisernen Rädchen versehen.

Nicht genug zu empfehlen sind Lauben in Verbindung mit kleinen, zierlichen Gärtenhäuschen, wo die Laube gleichsam nur die Vorhalle bildet. Man begreift leicht, wie angenehm es ist, eine Laube zu besitzen, deren hinterer Theil gegen Regen geschützt ist, so daß man sie bequem und elegant einrichten kann. Eine solche Laube ersetzt im Sommer förmliche Zimmer. Solche Gartengebäude lassen die größte Einfachheit und die größte Eleganz zu. Nach der Laube zu sind sie ganz offen oder mit einer Glasthür versehen. Der Hellung und Aussicht wegen kann auch eine Wand aus Glas bestehen.

Eine ganz eigene Art von Lauben bildet die italienische Pergola, eine Form, die neuerdings in fast allen Ländern, wo es elegante Gärten giebt, die alte Laube verdrängt hat. Die Urform besteht in Italien schon, seitdem die Weinrebe dort kultivirt wird, und hat sich bis heute so erhalten. Hohe Steinpfeiler tragen starke Querhölzer, die immer gerade aufliegen. So entstehen entweder bloße Lauben oder förmliche Rebengänge. Ihr Zweck ist, die Wege zu beschatten und dieselben durch Weinbau nutzbar zu machen. Sie eignen sich ganz vortrefflich zum italienischen Baustyl, und werden in Gärten vorzugsweise in Verbindung mit Gebäuden angebracht. Durch die Einführung der Pergola in die Gärten hat sich ihr Wesen etwas verändert. Zwar sucht man, namentlich, wenn die Architektur des Wohnhauses an die italienische erinnert, stets Steinpfeiler anzuwenden, aber schon die Römer hatten anstatt derselben kunstvolle Säulen und Karyatiden. Unter anderen beschreibt Plinius eine Weinlaube, welche einen Sitzplatz (Stibadium) und Brunnen beschattete, die von vier Lastträgerinnen (Karyatiden) aus Marmor getragen wurde. Schinkel hat davon eine sehr schöne ideale Zeichnung entworfen. So wurden nach und nach die Steinpfeiler zu Säulen und Holzpfeilern, und man verband die Formen der leichten orientalischen Gitterlauben mit denen der einfachen Pergola. Bedingung ist, daß die Tragsäulen immer eine ziemliche Stärke haben. Diese Pergola wird zur Veranda, wenn sie an einem Gebäude angebracht wird, wozu sie sich vor Allem eignet.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_269.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)